PA-Studiengang trifft Praxiserfahrung

Großes Interesse an Fachveranstaltung in Alzey zum neuen Studiengang "Physician Assistant"

Vorfreude, Spannung und große Erwartungen liegen in der Luft des Tagungszentrums der Rheinhessen-Fachklinik in Alzey. Vor einem mehr als 100-köpfigen Auditorium drehen zahlreiche Mitwirkende, die die Einführung des neuen Bachelor-Studiengangs Physician Assistant (PA) in Rheinland-Pfalz begleiten, die Werbetrommel für die sechssemestrige, berufsintegrierte Weiterbildung. Ab dem Wintersemester 2024/2025 soll es am Campus Zweibrücken der Hochschule Kaiserslautern losgehen. Zu den Kooperationspartnern des Studiengangs gehören neben dem Landeskrankenhaus (AöR) und der Hochschule Kaiserslautern auch die BBT-Gruppe, der rheinland-pfälzische Hausärztinnen- und Hausärzteverband sowie neuerdings das Westpfalz-Klinikum. Weitere Partner können noch hinzukommen.

Der PA versteht sich als akademisch weitergebildeter Assistent, der den Arzt sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich in enger Absprache etwa in der Organisation von Abläufen, bei der Erstellung der Diagnose, der Ausführung des Behandlungsplans oder der Durchführung bestimmter medizinisch-technischer Tätigkeiten unterstützt. Bewerber:innen müssen neben einer abgeschlossenen dreijährigen Ausbildung im Gesundheitswesen (zum Beispiel Pflegefachkräfte, medizinische Fachangestellte, Ergo- und Physiotherapeut) zudem eine Hochschulzugangsberechtigung sowie einen Arbeitsvertrag mit einem Kooperationspartner vorweisen.

Das Landeskrankenhaus hat bereits Erfahrungen mit PA im Arbeitsalltag gesammelt. Felisa Groß etwa erzählt von ihren Erfahrungen als PA in der Allgemeinpsychiatrie an der Rhein-Mosel-Fachklinik in Andernach. Im Oktober 2022 war sie die erste dieses Berufszweigs an der Klinik, inzwischen sind weitere hinzugekommen. Zu ihren allgemeinen Aufgaben zählt Groß Erstgespräche zur Vorbereitung des Patienten auf die oberärztliche Nachexploration und die körperliche Untersuchung, sie fordert Diagnostiken an, sichtet Befunde und leitet Informationen an die ärztlichen Kollegen weiter, nimmt an Visiten teil, erledigt Dokumentationsarbeiten und bereitet einen Entwurf für den Arztbrief vor. Je nach Einsatzfeld innerhalb der psychiatrischen Abteilung kommen auf die PA darüber hinaus spezifischere Aufgaben zu. Die Vielfalt der Tätigkeiten passt sich zudem den gewonnenen Erfahrungen aus der Zusammenarbeit zwischen PA und den Ärzten an.

Die Kollegen schätzen ihre Arbeit. „Wir werden insbesondere vom Pflegedienst als eine Konstante wahrgenommen“, sagt sie. Anders als Assistenzärzte seien PA kontinuierlich auf Station. „Wir übernehmen auch oft eine Filterfunktion“, erklärt Groß weiter. So könne sie Informationen priorisieren und manches selbst klären. Wesentliches leitet sie an die Ärzte weiter.

Den Kontakt pflegen Groß und ihre PA-Kollegen auch untereinander. „Alle zwei Wochen findet ein Austausch statt.“ Ein landeskrankenhausweites Netzwerk der PA befindet sich im Aufbau.

Dass genau dieses Netzwerk wächst, ist auch im Interesse von Prof. Karl-Herbert Schäfer von der Hochschule Kaiserslautern, Prof. Konrad Wolf, Rektor der Hochschule Bremen, und Prof. Michael Huss, Ärztlicher Direktor des Landeskrankenhauses. Sie haben maßgeblich die Rahmenbedingungen für den Studiengang erarbeitet. Im Fokus dieser Lehre auf Facharzt-Niveau stehe das problemorientierte Lernen. „Der Studiengang ist von der ersten Minute an praxisorientiert“, betont Huss. Die Grundausbildung und alle nichtklinischen Themen übernimmt die Hochschule Kaiserslautern, die Kooperationspartner kümmern sich um die klinischen Aspekte. „Das bedeutet in der Praxis, dass Fachärzte und Fachärztinnen, die täglich mit Patienten umgehen, die Studierenden in die neuesten Techniken und Arbeitsweisen unterweisen“, erklärt Schäfer. Dies sei „ein Erfolgsgarant für diesen Studiengang“.

Die Studierenden sind während der Vorlesungszeit an zwei Tagen in der Klinik oder in der Allgemeinarztpraxis. An den übrigen Tagen finden die Vorlesungen an verschiedenen Standorten in Präsenz und als Online-Veranstaltung statt. In der vorlesungsfreien Zeit rotieren die Teilnehmer durch die Praxismodule. Der dezentrale Ansatz mache es möglich, die Studierenden an ihrem Einsatzort und somit übers Land verteilt weiterzubilden, hebt zudem Wolf hervor.

Die Kooperationspartner treffen bereits heute auf ein großes Interesse Studienwilliger. „Wir haben deutlich mehr Bewerbungen als Plätze“, erklärt Huss. Das soll aber niemanden abschrecken, sich weiterhin zu bewerben.

Dass sich das junge Berufsbild des PA noch etablieren muss, stellt zudem Prof. Martin Spaetgens, Trierer Fachanwalt für Medizinrecht, heraus. Noch bestehe kein Gesetz, das den rechtlichen Rahmen zu den konkreten Kompetenzen eines PA festlegt. Grundsätzlich richte sich die Auswahl der delegierbaren Aufgaben und die Überwachung nach den Qualifikationen des PA. Wichtig sei etwa, dass es dabei nicht um Leistungen geht, die dem Arzt vorbehalten sind und die Patientensicherheit gefährden. Gerade dieses Delegationsprinzip ist ein wichtiger Aspekt des neuen Berufsbildes des PA, unterstreicht auch Dr. Günther Matheis, Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz. Es sei komplementär, nicht kompetitiv ausgerichtet.

„Wir sind sehr stolz, bei der Einführung des Studiengangs als Premium-Partner dabei zu sein“, fasst Dr. Alexander Wilhelm, Geschäftsführer vom Landeskrankenhaus, zusammen. Er sehe in dem neuen Berufsbild „ein riesiges Potenzial, die Personalprobleme im stationären und ambulanten Bereich zumindest zu lindern“. Dem kann auch Daniel Stich, Ministerialdirektor im Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit Rheinland-Pfalz, beipflichten. Der PA unterstütze die Diversifikation in der Gesundheitsversorgung und trage dazu bei, den Auftrag zur Versorgung der Bevölkerung erfüllen zu können.