Psychiatrische Erkrankungen besser behandeln
Derzeit lässt sich die Wirksamkeit von Therapien für psychiatrische Erkrankungen nicht objektiv beurteilen. Deshalb will das europäische Forschungsvorhaben MUNASET dafür geeignete Instrumente entwickeln. Koordiniert wird das Horizon Europe-Projekt von der Hochschule Kaiserslautern.
MUNASET wird eine schnelle, hochempfindliche und einfach zu bedienende Biosensor-Plattform auf der Basis von Graphen – zweidimensionalen Kristallen aus Kohlenstoffatomen – entwickeln. Damit soll sich besser vorhersagen lassen, wie erfolgreich eine Therapie bei psychiatrische Erkrankungen anschlägt. Dann lässt sich eine wirksame Behandlung schneller und präziser festlegen. Die Ergebnisse der Heilmethode werden verbessert und Krankenhausaufenthalte verkürzt. Das Vorhaben setzt auf sogenannte Proteasen, das sind Enzyme, die Proteine oder Peptide spalten. Proteasen haben sich in jüngster Zeit als vielversprechende neue Klasse von Biomarkern erwiesen. Sie bieten breites diagnostisches, prognostisches und therapeutisches Potenzial für verschiedene Krankheiten. Anwendungen reichen von neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen, über verschiedene Krebsarten bis zu Störungen des Immunsystems. Es fehlt jedoch an Instrumenten, mit denen die Aktivität von krankheitsbezogenen Protease-Biomarkern gemessen und in Echtzeit analysiert werden kann.
Als erste Aufgabe will die Forschungsgruppe bei schweren depressiven Störungen (major depressive disorder: MDD) untersuchen, wie gut sich vorhersagen lässt, ob ein Patient auf eine Therapie anspricht. MDD ist eine der häufigsten und belastendsten psychischen Störungen weltweit. Und sie ist außerdem eine der teuersten Hirnerkrankungen in Europa. Es gibt zwar wirksame Behandlungen, aber verschiedene Menschen sprechen ganz unterschiedlich auf die Intervention an. Es gibt keine serumbasierten Tests, um die Wirkung personalisierter Heilmethoden für MDD-Patienten vorherzusagen. Um die richtige Behandlung zu ermitteln, bleibt derzeit nur Trial and Error. Eine große Belastung vor allem für die Patienten, aber auch für das Gesundheitssystem.
MUNASET wird auch dazu beitragen, Europas industrielle Führung in der gesamten Wertschöpfungskette neuartiger bioanalytischer Werkzeuge auf Graphenbasis zu sichern. Das von der Europäischen Kommission im Rahmen des Programms Horizon Europe finanzierte Projekt ist Teil der Graphene Flagship-Initiative. Diese setzt sich für die Weiterentwicklung von Technologien ein, die auf Graphen und anderen 2D-Materialien basieren.
Das MUNASET-Konsortium unter der Leitung der Hochschule Kaiserslautern hat eine Finanzierung von über vier Millionen Euro für seine Forschungsaktivitäten erhalten. Sechs Partner aus Deutschland, Finnland, Belgien und Spanien arbeiten zusammen an der Entwicklung der Biosensor-Plattform. Zu den Mitgliedern des Konsortiums gehören: Graphenea Semiconductor SL, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, das Technische Forschungszentrum Finnland VTTVTT Technical Research Centre of Finland Ltd, University Medical Center Universitätsmedizin Mainz und ProActive ltd.
„Ziel des MUNASET-Projekts ist es, Geräte auf Basis von Graphen zu entwickeln, die Ärzten helfen könnten, die Therapie von Patienten mit Depressionen und anderen psychiatrischen Störungen zu überwachen. Der geplante Test soll schnell und einfach sein, nur Blutproben erfordern und am Ort der Behandlung eingesetzt werden können. Die dabei gewonnenen Einsichten sollen helfen, personalisierte Therapien zu entwickeln. Damit kann der Test für erheblich bessere Ergebnisse bei der Behandlung psychiatrischer Erkrankungen sorgen“, sagt Prof. Dr. phil. Alexey Tarasov, Projektkoordinator und Professor an der Hochschule Kaiserslautern.