Grundlagenforschung und berufsnahes Studium: CERN und Hochschule Kaiserslautern – ein Erfolgsmodell
Nabil El-Kassem, 24 Jahre alt, studiert an der Hochschule Kaiserslautern Maschinenbau im neunten Semester. Seit dem dritten Semester absolviert er sein Studium dual in Kooperation mit der Wipotec GmbH in Kaiserslautern, einem weltweit führenden Anbieter von intelligenter Wäge- und Inspektionstechnologie. Zurzeit schreibt er seine Bachelorarbeit am CERN, der Großforschungseinrichtung in der Nähe von Genf.
Und das ist natürlich etwas ganz Besonderes, wenn ein angehender Maschinenbauer mit den Koryphäen der physikalischen Grundlagenforschung zusammenarbeiten darf. Tatsächlich beschäftigen sich über 2000 Akademiker*innen und Techniker*innen am CERN damit, die unzähligen Geräte, Magnete, Messinstrumente etc. in Schuss halten. Sie sorgen so für den erfolgreichen Verlauf der Experimente der zahlreichen Forschungsgruppen.
Wir wollten von Nabil El-Kassem wissen, welche besonderen Erfahrungen er am CERN gemacht hat.
Wie kam es, dass Sie Forschungszeit am CERN verbrachten? Haben Sie sich aktiv beworben, wurden Sie vorgeschlagen?
Ich war letztes Semester auf der Suche nach Betreuung für die Praxisphase. Ich habe Prof. Dr.-Ing. Michael Magin (Vizepräsident für Internationalisierung an der Hochschule Kaiserslautern) in einer E-Mail gebeten, mich in der Praxisphase zu betreuen. Das sagte er zu und machte mich gleichzeitig auf eine Praktikumsstelle beim CERN aufmerksam. Dann habe ich einfach meine Bewerbungsunterlagen vorbereitet, sie an das CERN abgeschickt und erhielt tatsächlich die Praktikumsstelle.
Was ist Ihre Aufgabe am CERN?
Ein Messinstrument am Teilchenbeschleuniger wurde vor einigen Jahren modifiziert. Dabei wurde jedoch das Tragesystem unvorhergesehen geschwächt. Das System verformt sich seitdem, sobald man die Rohre beim Teilchenbeschleuniger entlüftet und dort Vakuum herrscht. Meine Aufgabe ist es, über Simulationen die Schwachstellen des Systems zu finden. Danach sollte ich das bestehende System modifizieren, um die Verformung entscheidend zu verringern.
Das ist ja eine eher anspruchsvolle handwerklich-technische und weniger eine wissenschaftliche Aufgabe. Haben Sie sich vorher schon mit Teilchenphysik beschäftigt?
Dies ist meine erste Erfahrung mit Teilchenphysik und ich bin fasziniert.
Was haben Sie gedacht, als Sie zum ersten Mal im Ringtunnel standen?
Meine Arbeit findet bei einem der kleineren Teilchenbeschleuniger aus den 60er Jahren statt. Ich war bisher nur ein einziges Mal im großen Ringtunnel. Es ist ungeheuer, überwältigend. Die ganzen Maschinen sind riesig und gehen über mehrere Kilometer. Ich stand einfach sprachlos da und habe den Aufwand und die Wissenschaft bewundert, die dahinterstehen.
Ihre Reparaturarbeiten und Simulationen machen Sie ja sicherlich nicht allein: Wie groß ist Ihre Arbeitsgruppe und womit beschäftigt sich diese?
Ich arbeite gerade in der Abteilung „Mechanics and Logistics“. Wir sind für die Entwicklung, Konstruktion, Installation und Wartung der Instrumente zuständig, die es ermöglichen, den Strahl beim Teilchenbeschleuniger zu überwachen und seine Eigenschaften zu messen. In dieser Gruppe sind 16 Personen tätig.
Wie ist die Zusammenarbeit? Haben Sie Freunde gefunden?
Die Zusammenarbeit ist sehr gut und meine Kolleg*innen sind sehr hilfsbereit. Ich werde sehr gut unterstützt. Schon vor dem Anfang meiner Tätigkeit beim CERN im September haben die Kolleg*innen bei der Personalabteilung alle neuen Studierenden, die im Mai ausgewählt wurden, über eine WhatsApp-Gruppe miteinander in Kontakt gebracht. Deswegen haben wir uns rasch kennengelernt und ich habe Freundschaften geschlossen.
Wie gefallen Ihnen Stadt und Land?
Ziemlich gut. Ich bin begeistert von der Schweiz. Genf liegt ja zwischen Bergen und die Gegend ist einfach wunderschön. Es gibt vieles, was man sehen und erleben kann.
Was unternehmen Sie in Genf wenn Sie frei haben?
An den Wochenenden mache ich meistens Stadtausflüge mit den Freunden oder wir gehen wandern. Manchmal treffen uns aber auch gemütlich für einen Filmabend.
Was war die größte Herausforderung beim Start Ihrer Tätigkeit?
Die größte Herausforderung war am Anfang die Verständigung mit den Einheimischen, da ich kein französisch spreche.
Wie war das Zusammenwirken Ihres Betreuers Prof. Dr.-Ing. Michael Magin an der Hochschule Kaiserslautern und Wissenschaftler*innen am CERN?
Das läuft gut. Mein betreuender Professor, mein Betreuer am CERN und ich treffen uns alle paar Wochen über Zoom und besprechen den Verlauf des Projekts.
Was ist das Wichtigste, dass Sie in dieser Zeit gelernt haben?
Ich habe gelernt, in einem internationalen Team und in komplexen Arbeitsabläufen zu arbeiten.
Welche Bedeutung für Ihre Zukunft hat die Zeit in Genf?
Die Tatsache an einer renommierten und erfolgreichen Großforschungseinrichtung tätig zu sein, erweitert meinen Horizont und verbessert sicherlich meine beruflichen Perspektiven. Ich sammele wesentliche praktische Erfahrung, die auf den theoretischen Kenntnissen aus dem Studium an der Hochschule basiert. Und ich bin sicher, dass denkbare Arbeitgeber*innen sehr beeindruckt sein werden, wenn ich auf meine Erfahrung am CERN verweise. Meiner Karriere wird das sicher zuträglich sein.
Über CERN
Was ist die Natur unseres Universums? Woraus besteht es? Um Antworten auf diese fundamentalen Fragen zu finden, kommen Wissenschaftler*innen aus aller Welt zum CERN (Conseil européen pour la recherche nucléaire; Europäische Organisation für Kernforschung), in der Nähe von Genf.
Das 1954 gegründete Labor ist ein Paradebeispiel für internationale Zusammenarbeit. Heute arbeiten rund 2500 Mitarbeitende an der Planung, dem Bau und dem Betrieb der Forschungsinfrastruktur. Sie bereiten Experimente vor, betreiben diese und analysieren die Daten. Die Nutzer des einzigartigen Spektrums von Teilchenbeschleunigern sind mehr als 12.000 Wissenschaftler*innen aus über 110 Ländern.
Über die Wissenschaft hinaus setzen sich die Verantwortlichen für Investitionen in die Grundlagenforschung und für evidenzbasierte Politik ein, bauen den Wissenstransfer zur Industrie aus, bilden Wissenschaftler*innen und Ingenieur*innen aus und fördern das Interesse der Bevölkerung an der Wissenschaft.
Das Herzstück der Großforschungseinrichtung ist der Large Hadron Collider (LHC), der leistungsstärkste Teilchenbeschleuniger der Welt. Der Beschleuniger, ein 27 km langer Ring aus supraleitenden Magneten, befindet sich in einem Tunnel 100 Meter unter der Erde, an der französisch-schweizerischen Grenze. Hier werden Protonen oder Ionen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt.