Weiße Biotechnologie, auch Industrielle Biotechnologie genannt, ist die Herstellung von industriellen Produkten, wie beispielsweise Grund- und Feinchemikalien, sowie industriellen Enzymen unter Zuhilfenahme von Zellen oder ihren Bestandteilen. Die Grundlagen der Weißen Biotechnologie machte sich die Menschheit lange vor dem Verständnis der zugrundeliegenden Methode zunutze, z. B. bei der Herstellung von Alkohol durch die Vergärung zuckerhaltiger Flüssigkeiten mithilfe von Hefen oder bei der Milchsäuregärung.
Die Prinzipien und Prozesse der Weißen Biotechnologie bieten durch die Umwandlung von Biomasse in Plattformchemikalien Lösungen für Generationenaufgaben wie der Ersatz fossiler Energien, die Senkung des Energiebedarfs der Chemischen Industrie oder die CO2-Reduktion der produzierenden Industrie.
Mit ihrem Profil leisten die Absolvierenden im Schwerpunkt Angewandte Biotechnologie des Bachelor-Studiengangs Angewandte Chemie damit einen wesentlichen Beitrag zur anstehenden Transformation der Chemischen Industrie.
Bachelor-Studiengang Angewandte Chemie und Berufsbild Weiße Biotechnologie
Neben naturwissenschaftlichem und tiefgehendem chemischem Wissen erlernen alle Studierenden des Studiengangs Angewandte Chemie in den ersten vier Semestern wesentliche Grundlagen für den Einsatz bio-basierter Grundstoffe für die Herstellung von industriellen Produkten sowie Grundlagen bei den Themen Ökobilanz und Life Cycle Assessment.
Die Studierenden, die zum fünften Fachsemester den Studienschwerpunkt Weiße Biotechnologie wählen, erhalten zusätzlich theoretische und praktische Kompetenzen in den Bereichen
- Grundlagen der Biologie
- Biomasseaufschluss
- Mikrobiologie
- Fermentationstechniken
Master-Studiengang Angewandte Polymerchemie und Berufsbild Weiße Biotecnologie
Den Studierenden des Studiengangs Angewandte Polymerchemie werden tiefgehende Kompetenzen und Methoden der Makromolekularen Chemie, der Polymeranalytik und der Polymerreaktionstechnik vermittelt. Außerdem sind Zukunftsthemen der Chemischen Industrie Teil des Curriculums, wie zum Beispiel Nachwachsende Rohstoffe, Biotechnologie der Biopolymere, Stoffkreisläufe und Prozesssimulation. in den ersten vier Semestern wesentliche Grundlagen für den Einsatz bio-basierter Grundstoffe für die Herstellung von industriellen Produkten sowie Grundlagen bei den Themen Ökobilanz und Life Cycle Assessment.
Forschungsfeld Weiße Biotechnologie an der Hochschule Kaiserslautern
Um dem Klimawandel entgegen zu wirken muss eine unmittelbare, rasche und umfassende Verringerung der Treibhausgasemissionen erreicht werden. Mit dem European Green Deal hat die EU die Vision ins Leben gerufen Europa bis 2050 zum ersten CO2-neutralen zu Kontinent zu machen. Die Transformation der chemischen Industrie weg von der Nutzung fossiler Ressourcen nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein. Dadurch besteht ein dringender Bedarf an neuen Materialien mit ähnlichen Eigenschaften wie klassische, petrochemisch basierte Kunststoffe, welche aber nachhaltig produziert werden und biologisch abbaubar sind.
In unserem Forschungsfeld „Biobasierte Materialen“ widmen wir uns diesem wichtigen, innovativen Feld. Durch die Entwicklung neuer Materialen und Herstellungsprozesse wollen wir die Transformation der chemischen Industrie aktiv mitgestalten und vorantreiben hin zu hin zur einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft.
Ansprechpartner Weiße Biotech
Einsatz biobasierter Materialen zur ökologischen Verbesserung industriell eingeführter Produkte (Schäume, Industriekleber, Harze, Fasern, Komposite)
Nutzung biologischer Vorstufen zum Aufbau biobasierter High-Performance Materialien; Protein-/ Peptidchemie für Hybridwerkstoffe; Elastomere Materialien
Integrative Biotechnologie zur Isolation, Charakterisierung und Produktionsoptimierung neuer potentieller Industriestämme für die Verbesserung nachhaltiger Produkte und Verfahren
Algenbiotechnologie zur Produktion neuer Wirkstoffe und biobasierter Wertstoffe (z.B. Pigmente, Polysaccharide, Biokunststoffe, Proteine, Enzyme) sowie zur Dekarbonisierung
Ökobilanz & Konzepte für Kreislaufwirtschaft ("cradle to cradle") der hergestellten Materialien
Aktuelle Forschungsprojekte Weiße Biotech@HSKL
Förderlinie: EU Horizon 2020
Ansprechpartner: Prof. Dr. Sergiy Grishchuk
Projektziele: Das Ziel von BIOMAT ist die Beschleunigung einer nachhaltigen europäischen Bioökonomie durch die Entwicklung nanobasierter, fortschrittlicher PUR Schäume zur Anwendungen in den Bereichen Bau, Automobil, Möbel und Matratzen.
Förderlinie: EU Horizon 2020
Ansprechpartner: Prof. Dr. Gregor Grun
Projektziele: Herstellung von Polyhydroxybuttersäure (PHB) und anderer Biopolymere aus Abfallströmen (CO2, Abwasser, Agrarabfälle) zur Herstellung biobasierter Fasern, Schäume und Filme
Förderlinie: BMBF- WIR!
Ansprechpartner: Dr. Michael Lakatos
Projektziele: Projektbündnisse von Unternehmen und Forschungsinstitutionen zur Nutzung biogener Rest- und Abfallstoffe für die Transformation in höherwertige Produkte mittels Fermentation.
Förderlinie: DFG
Ansprechpartner: Dr. Patrick Jung
Projektziele: Isolation und Charakterisierung neuer potentieller Industriestämme aus extremen Habitaten (Atacama Wüste Chile)
Integration in die Forschungslandschaft der Hochschule Kaiserslautern
Im Juli 2022 wurde das Institut für biobasierte Chemie gegründet, dessen Aufgabe die Forschung und Entwicklung im Bereich biobasierter, nachhaltiger Materialien und Werkstoffe ist. Die 4 Fachgebiete des Instituts umfassen:
Weiße Biotechnologie - Leitung: Prof. Dr. Tobias Klein
Biobasierte hochvernetzte Systeme - Leitung: Prof. Dr. Sergiy Grishchuk
Biobasierte schwachvernetzte Systeme - Leitung: Prof. Dr. Gregor Grun
Instrumentelle Analytik und Nachhaltigkeitsanalyse - Leitung: Prof. Dr. Jörg Sebastian
Interdisziplinäre Zusammenarbeit von Natur-, Ingenieurswissenschaften, Gestaltern und Ökonomen zur Entwicklung und Anwendung von nachhaltigen Materialien, Produkten und Prozessen. Im Mittelpunkt stehen die Materialentwicklung und Prozesse in den Bereichen, Bauwesen und Industrieproduktion. Dabei soll die gesamte Wertschöpfungskette zunächst exemplarisch entsprechend der Nachhaltigkeitsaspekte bearbeitet und darauf aufbauend, schließlich vollständig abgebildet werden.