Nutzung des elektrochemischen Potentials zur Charakterisierung des Oberflächenschädigungsverhaltens zyklisch beanspruchter Werkstoffe

Im Rahmen des Forschungsprojektes wird ein Korrosionsmessplatz aufgebaut und in ein Ermüdungsprüfsystem (Schwingprüfsystem) integriert werden, so dass elektrochemische Untersuchungen durchgeführt werden können. Durch die Beaufschlagung der Werkstoffe mit verschiedenen nicht korrosiven und korrosiven Medien (bspw. destilliertes Wasser, Säuren, etc.) kann die Medium-Werkstoff-Grenzflächenreaktion in Form des Korrosionspotentials und des -stroms erfasst werden. In weiterführenden Untersuchungen sollen auch Impedanzmessungen als zusätzliche Informationsquelle für die Untersuchung der Vorgänge an der Grenzfläche durchgeführt werden. In der beantragten Projektphase soll zuerst der Aspekt nicht korrosiver Medien an austenitischen Werkstoffen (X6CrNiTi1810) betrachtet werden.

Für die ersten Versuche in destilliertem Wasser wird eine miniaturisierte elektrochemische in-situ-Zelle mit einem Standard-Drei-Elektrodensystem, welches auch bei potentiodynamischen Polarisationsmessungen verwendet wird, entwickelt. Die Herausforderung besteht hierbei die Zelle an den Probenschäften abzudichten, so dass eine zyklische Beanspruchung der Probe in der Zelle erfolgen kann, ohne dass das Medium herausfließt. Ziel ist es, die Änderung des freien Korrosionspotentials nach einer initialen Stabilisierung unter Beanspruchung zu messen. Destilliertes Wasser hat - insbesondere bei kurzen Prüfzeiten - keinen korrosiven Einfluss und damit auch keinen Einfluss auf das Ermüdungsverhalten eines rostfreien X6CrNiTi1810 Stahls. Die Anwendung von elektrochemischen Messmethoden ist aufgrund seiner ausgeprägten Passivschicht für diese Stahlsorte sehr gut geeignet, um Gefügeveränderungen an der Oberfläche zu detektieren. In dem Drei-Elektroden-System wird eine Silber-Silberchlorid-Elektrode (Ag/AgCl) als Referenzelektrode, eine Graphitelektrode als Gegenelektrode und die X6CrNiTi1810-Probe als Arbeitselektrode in der Zelle verwendet. Kommt es aufgrund der zyklischen Beanspruchung zu Intrusions- und Extrusionseffekten und darauf anschließend zur Mikrorissbildung an der Oberfläche, reißt die Passivschicht des Werkstoffes auf und es kommt zu einem Ansteigen des Korrosionsstroms und zu einem Absinken des Korrosionspotentials. Stabilisiert sich die Rissbildung, dann kommt es zur Re-Passivierung, wodurch der Korrosionsstrom abfällt und das Korrosionspotential wiederum auf einen stabilen Wert ansteigt. Da die Oberflächenschädigung ein über die Ermüdungslebensdauer kontinuierlich fortschreitender Prozess ist, kann die Degradation der Oberfläche mit dem elektrochemischen Potential verfolgt und zuverlässig charakterisiert werden. Durch den Vergleich der Strom-Potential- und der Impedanzmessungen mit additiven Messverfahren auf Basis des elektrischen Widerstandes, der Temperatur oder der Magnetik, können unterschiedliche Schädigungsmechanismen voneinander separiert werden, wodurch sich aus wissenschaftlicher und Anwendungssicht ein deutlicher Erkenntnisgewinn ergibt.

HSKL

Wissenschaftliche Mitarbeiterin