Vom Hörsaal der Hochschule Kaiserslautern aufs internationale Parkett

Nino Michniok ist Masterstudent im Studiengang Maschinenbau/Mechatronik und ist Mitte Oktober zu einem Kongress nach Detroit in die USA geflogen, um dort vor Fachpublikum seine Entwicklung einer geregelten Mehrkörpersimulation eines Exoskeletts, das eine menschliche Gehbewegung ausführt, vorzustellen. Finanziert wird der Flug vom Unternehmen Altair, das die verwendete Software herstellt.

Schon in seinem Bachelorstudium der Mechatronik beschäftigte ihn dieses Thema. In der Vorlesung „Mehrkörpersysteme“ von Prof. Dr.-Ing. Matthias R. Leiner (Fachbereich angewandte Ingenieurwissenschaften), in der es um die Bewegung von komplexen mechanischen Systemen im Raum geht, kam er zum ersten Mal mit dem Thema Mehrkörpersimulation in Berührung. In der zur Vorlesung gehörigen Übung müssen die Studierenden nun diese mechanischen Systeme in einer Simulationsumgebung aufbauen und mit Hilfe der verfügbaren Funktionen in Bewegung versetzen. Die Modellierung, Berechnung, Überprüfung und Auswertung von Mehrkörpersystemen zunehmender Komplexität stehen hier im Vordergrund.

Das amerikanische Unternehmen Altair stellt entsprechende Software her, die für unterschiedlichste Anwendungen genutzt werden kann. Um potentiellen Kunden ganz gezielt Anwendungsbereiche präsentieren zu können, die für sie von Nutzen sein könnten, sucht das Unternehmen ständig nach entsprechenden Umsetzungsmöglichkeiten für kundenspezifische Anwendungsbeispiele. Das ist eine willkommene Herausforderung für Studien- und Abschlussarbeiten. Das weiß auch Professor Leiner, der mit dem Unternehmen in Kontakt steht. Nino Michniok, der in der Übung durch gute Leistungen aufgefallen war, entschied sich aus dem Katalog für mögliche Aufgaben für die Simulation eines Exoskeletts, welches in der Lage sein soll, die Bewegungen seines Trägers möglichst naturgetreu auszuführen. Das heißt zum Beispiel, dass der Träger nicht umfallen darf – selbst dann, wenn er sich frei im Raum bewegt. Aber um das zu erreichen, ist eine Menge Arbeit notwendig: Zunächst müssen Position und Art der Körper und Gelenke definiert werden (Beispiel: Ober- und Unterschenkel mit einem Drehgelenk dazwischen). Ist auf diese Weise das gesamte System aufgebaut, müssen danach Bindungen definiert werden, die das Umfallen des Exoskeletts verhindern. Um die menschliche Gehbewegung so realistisch wie möglich zu gestalten, wurde auf Motion-Capture-Daten zurückgegriffen. Nun führt das Exoskelett die erforderlichen Bewegungen aus und die Software kann dazu genutzt werden, um beispielsweise Kräfte und Belastungen oder Verformung in den Bauteilen zu ermitteln.

Für Nino Michniok hieß das, dass das Thema nicht mal eben in einer kurzen Studienarbeit abgehandelt werden konnte, sondern dass er seine gesamte Bachelorarbeit der Simulation des Exoskeletts gewidmet hat und nun auch noch das Forschungs- und Entwicklungsmodul seines Masterstudiums. Frei im Raum bewegen kann sich die Simulation seines Exoskeletts zwar immer noch nicht, aber gestützt durch ein imaginäres Geländer marschiert es vorbildlich. Das findet nicht nur Professor Leiner, sondern auch das Unternehmen Altair ist begeistert von der Arbeit des Masterstudenten. Deswegen hat es ihn nun nach Detroit eingeladen. Dort soll er den anwesenden Ingenieur*innen vor allem über Probleme bei der Umsetzung berichten, um für zukünftige Projekte Optimierungsmöglichkeiten zu schaffen.

Vor der Präsentation in englischer Sprache vor einem großen Fachpublikum hat Nino Michniok keine Angst, denn auf Englisch präsentieren musste er auch in seinem Masterstudium schon oft und im zurückliegenden Jahr war er viel mit Fachleuten von Altair im Austausch. Ein bisschen aufgeregt ist er aber wegen der ungewöhnlichen Reise: „Ich bin schon seit zehn Jahren nicht mehr geflogen und so weit schon gar nicht.“

Die Arbeit des Masterstudenten ist aber nicht nur für das Unternehmen Altair interessant. Auch für den Fachbereich Angewandte Ingenieurwissenschaften sind die umfassenden Erfahrungen, die Nino Michniok sammeln konnte, wertvoll, denn der Fachbereich will seine Kompetenzen im Bereich Biomechanik ausbauen. Weiterhin in diesem Bereich tätig zu sein, kann sich Nino Michniok gut vorstellen. Er sieht seine Stärken im Simulationsbereich und möchte hier gerne weiterarbeiten: „Ich möchte an Projekten arbeiten und mich mit Dingen beschäftigen, die Menschen weiterhelfen“, sagt der angehende Master-Ingenieur und plant schon sein nächstes Projekt: Einen Laufroboter.

Videos zu den Simulationen
www.youtube.com/watch
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